Saturday, November 26, 2011
Blätter aus der Bleibtreustraße 7:Das Unüberblickbare
Was mich hier ein Bischen amusiert, ist der Kontrast zwischen meine Existenz (Heidegger hätte vielleicht Existentialmodus gesagt) im Dorf Nyhyttan im nördlichen Västmanland bis ins Herbst herein und hier im Hotel Bleibtreu seit Mitte Oktober.
Wenn die Sommergäste gefahren sind wird es sehr still in im dem Hörendegegend.Von den kleinen Nuansen im Geräusch der Aushängermotoren kann ich feststellen ohne durch das Fenster zu sehen,wer dabei ist seine Netze zu auslegen, Herr Karjalainen oder Herr Westholm.In der Nacht sehe ich über den See ein einziges Licht , Norrhörende ungefähr sieben kilometer weg auf der anderen Seite der See.Tage gehen in der Tat
im Herbst ohne dass ich einen einzigen Mensch treffe.Was natürlich nicht lebhafte elektronische Kommunikationen mit Leuten in wenigstens zwei Erdteilen ausschliesst.
Im Früstückszimmer in Bleibtreu sehe ich an einem Morgen mehr Menschen als in zwei Wochen in Västmanland,die Rezeption voll von In- und Outcheckers,freie Räume beladen mit Reisegepäck von
Backpacks bis elegante Stücke von eleganten Läden.Ich bewundfere aufrichtig das freundliche und effektive Personal die mit diesem fast unaufhörlichen Menschenfluß effektiv und persöhnlich umgehen kann.Und auf der Reise von Savignyplatz bis ,sagen wir,Hackescher Markt sehe ich mehr Menschen in dem sich schnell vermehrenden Morgenverkehr als in einem Sommer in Västmanland. Offenbar bin ich vollkommen im Stande mich mit zwei so verschiedenen Lebensweisen zu abfinden und ruhig weiterzuschreiben in meiner eigener,dritter ,Welt.
Berlin ist die einzige veritable Großtadt in der nächsten Reichweite von Stockholm.Und kommt also einen ländlichen Besucher wie mir ,immer als faszinierender menschenlabyrint vor. Dies ist ja übrigens eine Favoriterfahrung in Baudelaires Poesie,die anonyme Grosstadtmenge, la foule - so lebhaft analysiert in Walter Benjamins Passagenwerk.
OK.Für mich ist Berlin die mysteriöse und eigentümliche attraktive Großtadt und wird so bleiben.
Aber wie erlebt ein Besucher aus Istanbul oder Shanghai die selbe Stadt ? Als überblickbare - ein Bischen begrenzte - Idylle ? Ich glaube nein.
Ungefähr wie mann bei Gedanken über Galaxien und Lichtjahre allmählich den Anspruch an Verständnis aufgibt ist es sicher mit Zwölfmillionenstädte auch so. Berlin und Istanbul sind von sehr verschiedener Grösse.Aber beide eigentlich unüberblickbar.
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wie schön, dass Sie einen Blog haben, Herr Gustaffson… Einige der letzten Sommer habe auch ich in so einer abgeschiedenen schwedischen Landschaft verbracht, im Haus einer Freundin in Ängen. Um bis zum nächsten Ort zu gelangen, mussten 30 Kilometer durch die Wildnis bewältigt werden und bei einem Gewitter erschien das Haus wie ein kleines Boot im wilden Ozean. Der nächste große Ort war Sunne und nur wegen einem Versehen konnte ich nicht miterleben, wie Sie dort 2009 einen Literaturpreis erhielten. Bis dahin kannte ich aber nur Ihre Lyrik und begann erst letztes Jahr, Ihre Romane und Begegnungen mit Berlin zu lesen. Daran habe ich mich soeben erinnert, wollte mehr lesen und habe Ihren Namen in die Suchmaschine eingetippt...
ReplyDeleteI read with great pleasure part 7 of your reflections about Berlin.
ReplyDeleteIt is small jewellery for somebody who lived most of his life there and who was always fascinated by the cosmopolitan horizon of your big novels. And to read now that you consider Berlin "die einzig veritable Gross-Stadt in Reichweite von Stockholm" is more than heart-warming.
I friend of mine from Stockholm (who translated for me your essay about the Berlin Wall to english) was always afraid to visit Berlin: She was happy here in Munich, but already considered this "bavarian village" too big and too loud as compare to Stockholm. In case you have a swedish version of your Bleibtreustrasse-Text I'd like to send it to her.
Michael